Vortrag von Prof. Dr. Jakob Zinsstag, Swiss Tropical and Public Health Institute Basel
Der Tiermediziner und Epidemiologe Jakob Zinsstag, Professor am Swiss Tropical and Public Health Institute Basel, gab in der Vortragsreihe „Mensch und Schöpfung“ Einblicke in den weltweiten Gesundheitsansatz „One Health“.
Was ist One Health?
Die Grundtheorie von One Health ist zu verstehen, wie die Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt zusammenhängen. Darüber hinaus soll der Ansatz einen Mehrwert an Gesundheit und Wohlbefinden für alle Lebewesen liefern. Dazu bedarf es transdisziplinärer Prozesse, zu denen Medizin, Gesellschafts- und Sozialwissenschaften gehören. Zudem können auch nicht-wissenschaftliche Akteure, beispielsweise Behörden und Indigene, zu Forschungspartnern werden. Durch diese transdisziplinäre Arbeitsweise wird die Zusammenarbeit zwischen Human- und Tiermedizin verbessert. Wichtig ist jedoch immer eine gute Übersetzung der Begrifflichkeiten beim Kontakt mit Einheimischen, da One Health-Projekte weltweit durchgeführt werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Weltorganisation für Tiergesundheit (WOHA), das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sind seit 2022 die wichtigsten globalen Akteure für die Konzeption von One Health.
Gesundheitsvorsorge und Spiritualität
In einem One Health Ansatz treten verschiedene meidzinische Wissenssysteme wie die westlichen „Schulmedizin“ mit lokalen Gesundheitskonzepten wie der Maya Medizin oder traditionellen afrikanischen Heilern in einen Dialog. Nicht westliche Gesundheitskonzepte berücksichtigen oft die spirituelle Dimension der Gesundheit stärker ein Eine umfassende Sicht auf die Gesundheit beinhaltet immer auch das seelische Wohlbefinden, die körperliche Gesundheit und eine spirituelle Dimension. Zinsstag berichtete von einem konkreten Fall, bei dem die Expertise eines Maya-Heilers in die Diagnose eines kranken Hahns miteinbezogen wurde. Nicht immer kommen beide Seiten auf die selbe Ursache von Krankheiten, daher ist die angesprochene Übersetzung ein überaus wichtiger Faktor. Das gilt nicht nur für Maya-Heiler, sondern auch für Tuareg-Frauen oder die Behörden im Tschad. Dank einem One Health Ansatz, bei dem Menschen und Tiere gleichzeitig untersucht wurden konnte herausgefunden werden, dass mehr Tiere als Kinder geimpft sind und führte zu gemeinsamen Impfdiensten für Kinder und Nutztiere.
Zoonose-Bekämpfung
Seit der Covid-19-Pandemie ist auch weiteren Bevölkerungsschichten bekannt, dass viele Krankheiten von Tieren auf Menschen überspringen können. Die Erkennung und Bekämpfung dieser sog. Zoonosen ist eine weiteres Standbein von One Health. Zinsstag arbeitete beispielsweise in Kirgistan und der Mongolei, um die Brucellose, eine bakterielle Infektion, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden kann, zu bekämpfen. Daher wurden bei den Projekten Menschen und Tiere untersucht. In der Mongolei untersuchte er ob es sich lohnt 25 Millionen Ziegen, Schafe und Rinder gegen Brucellose zu impfen, um die Krankheit einzudämmen. Zusammen mit einem Gesundheitsökonomen konnte zeigen das der volkswirtschaftliche Gewinn dreimal höher ist als die Impfkosten.
Ein One Health Ansatz hilft jedoch nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch in Europa und anderen entwickelten Ländern. In der Schweiz gibt es seit 2017 eine Zusammenarbeit zwischen den Behörden um einen One Health Ansatz zu fördern.
Dr. Stephan Seiler/Prof. Dr. Jakob Zinsstag
Aufzeichnung des Vortrages in der Katholischen Akademie