Erbsen zählen für die Umwelt – Zur notwendigen Reform von Buchhaltung und Bilanz für eine ökologisch-ökonomische Wende in der Landwirtschaft

Vortrag von Christian Hiß, Gründer der Regionalwert AG Freiburg


Der Vortrag von Christian Hiß, Gründer der Regionalwert AG Freiburg und Autor mehrerer Publikationen zur Thematik ökologische Landwirtschaft, handelte von der notwendigen Neubewertung der agrarökonomischen Buchhaltung unter Einbeziehung sozialer und ökologischer Faktoren.

Buchhaltung – Eine unbeliebte Notwendigkeit in der Landwirtschaft?

In landwirtschaftlichen Betrieben wird die Buchhaltung oftmals als eine unbeliebte Notwendigkeit angesehen, da sie wenig mit der eigentlichen Arbeit auf den Höfen und in den Betrieben zu tun hat. Zudem werden in den Bilanzen nur Leistungen und Kosten aufgeführt, die einen konkreten finanziellen Wert darstellen. Fragen der sozial-ökologischen Verantwortung und der Nachhaltigkeit werden dabei außer Acht gelassen. Christian Hiß möchte diese Lücke schließen und diese Kriterien in die Buchhaltung mit einfließen lassen. Dafür stellte er in seinen eigenen Betrieben seit dem Jahr 2000 die Kalkulation nach und nach um, und vertiefte sein Wissen durch ein sein Studium zum Master of Social Banking and Social Finance. Seit der Gründung der Regionalwert AG Freiburg im Jahr 2006 ist die Offenlegung sozial-ökologischer Leistungen in der Satzung festgelegt. Diese Werte sollen in Zukunft nicht mehr nur in einem „Nachhaltigkeitsbericht“ festgehalten, sondern konkret in der Bilanz aufgeführt werden.

Drei ökonomische Dimensionenl

Nachhaltigkeit hat einen eigenen Wert

Die Problematik der neuen Rechnungsweise konnte Christian Hiß an einem konkreten Beispiel veranschaulichen. Die dauerhafte Bewirtschaftung der Böden mit Chemikalien und synthetischen Stickstoffen lassen diese mit der Zeit auslaugen und unrentabel werden, weil ihre Fruchtbarkeit abnimmt. Berechnet werden jedoch nur die überschaubaren Kosten des Düngers. Durch eine nachhaltige Landwirtschaft, ließe sich dies vermeiden und die Böden durch Kompostierung langfristig ertragreich erhalten. Allerdings stehen bei diesem Konzept schnelle Erträge bei Einsatz von Chemie und Stickstoffen höhere Kosten bei nachhaltiger Landwirtschaft entgegen. Volkswirtschaftlich und auf lange Zeit gesehen auch betriebswirtschaftlich, hat diese Art des Anbaus jedoch einen höheren Wert, da Schäden an Ackerböden minimiert werden können, die ansonsten einen hohen Betrag an Ausgleichszahlungen nötig hätten. Ebenso verhält es sich bei der Ausbildung von Nachwuchs. Die Personalkosten sind im Moment möglicherweise sehr hoch und belasten das Betriebsergebnis. Langfristig jedoch gleichen sich diese Kosten aus, da qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen und Wissen weitergegeben werden kann.

Ein Pilotprojekt in der Region Freiburg

Im Rahmen eines Pilotprojekts in der Region Freiburg wenden vier landwirtschaftliche Betriebe die neue Art der Buchhaltung an und berechnen die sozialen, ökologischen und regionalökonomischen Faktoren. Dazu gehören u. A. die Beschäftigungsstruktur, die Bodenfruchtbarkeit und die Wertschöpfung in der Region. Die Studie wird begleitet von der Universität Kassel-Witzenhausen und vom Badenova-Innovationsfonds finanziell gefördert. Es wird die Erstellung einer neuen Buchhaltungs- und Bilanzierungsmethodik vorgesehen, die ein langfristiges und grundsätzliches Umdenken in der Landwirtschaft hin zu Nachhaltigkeit, sozialer Verantwortung und ökologischer Wertschöpfung nach sich zieht. Die zwangsläufig anfallenden Kosten könnten in einer Übergangszeit durch bessere Möglichkeiten der Abschreibung, Zertifikate Handel, eine neue EU-Agrarpolitik oder einen Regionalfonds zur Ausgleichszahlung abgefedert werden

Die Akteure des Pilotprojekts

Weitere Informationen zur Regionalwert AG finden Sie unter www.regionalwert-ag.de

Dr. Stephan Seiler

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