Gemeinsame Ziele
Das Kernanliegen von „Save the Dogs“ und der Musella-Stiftung läßt sich in diesem Bereich des Tierschutzes letztlich in einem kurzen, aber bedeutsamen Satz zusammenfassen: Kastrationen sind aktiver Tierschutz! Letztlich läßt sich das Leid zahlloser Katzen und Hunde überall auf der Welt nur auf diese Weise nachhaltig eindämmen. So wie die Stiftung im Rahmen des Projekts „Schwarzwaldhöfe“ dies in Deutschland auf landwirtschaftlichen Betrieben im Südschwarzwald praktiziert, gilt das Augenmerk von „Save the Dogs“ vornehmlich der Kastration von streunenden Hunden und Katzen in Rumänien.
Daher fördert die Musella-Stiftung bereits seit 2017 die Arbeit im Süden Rumäniens und unterstützt dabei den Aufbau der von der Mailänderin Sara Turetta ins Leben gerufenen, großangelegten Tierklinik mit angeschlossenem Tierheim in Cernavoda nahe Constanza, in dem jährlich ca. 3.900 Hunde und Katzen behandelt und vorübergehend untergebracht werden.
Hintergrund
Wie durch zahllose Medienberichte auch in Deutschland hinlänglich bekannt, muß die Situation hinsichtlich des Tierschutzes in Rumänien, welches seit 1. Januar 2007 Mitglied der Europäischen Union ist, als katastrophal bezeichnet werden. Wir haben uns im Oktober 2017 einen Eindruck vor Ort gemacht und die Tierklinik dort besucht.
Cernavoda gehört zu den ärmsten Gegenden im Osten Rumäniens und ist mit dem Auto zwei Stunden von Bukarest entfernt. Zur Hafenstadt Constanta am Schwarzen Meer sind es gerade noch 60 Kilometer. Cernavoda hat ca. 17.000 Einwohner und besitzt das einzige Kernkraftwerk Rumäniens. Hier beginnt auch der Donau-Schwarzmeer-Kanal, der 1983 fertiggestellt wurde. Schon auf der Fahrt vom Flughafen Bukarest nach Cernavoda konnte man viele halbverhungerte, kranke und verletzte Tiere am Straßenrand der Schnellstraße sehen. Autounfälle mit Tieren sind dort an der Tagesordnung und kümmern die selbst so arme Bevölkerung nur wenig. Auch im Hinterland – entfernt von den Hauptdurchgangsstraßen – findet man ähnlich bedrückende Bilder: In den Dörfern trifft man auf unzählige abgemagerte Hündinnen mit ihren Welpen sowie verwilderte Katzen in ähnlich schlechter Verfassung. Hinzu kommen zwischen Müllbergen angepflockte ausgemergelte Esel und Pferde. Die Liste des Tierleids ließe sich an dieser Stelle beinahe unbegrenzt fortführen.
Eine schnelle und unbürokratische Hilfe in dieser ländlichen Region Rumäniens, die von Tierschützern und Tierärzten vor Ort geleistet werden kann, erschien somit dringend notwendig.
Projekt und Umsetzung
Die Klinik steht unter der Leitung von Frau Sara Turetta, der Gründerin von „Save the Dogs“. Die Organisation ist Trägerin der Einrichtung und leistet hier mit zäher und unermüdlicher Arbeit einen großen Beitrag zum Tierschutz vor allem in Rumänien und seit 2019 zusätzlich in Italien, aber auch weit darüber hinaus.
Mit dem Projekt verbinden sich folgende Zielsetzungen:
- Sterilisation von herrenlosen und streunenden Hunden
- Nationale und internationale Adoption von verlassenen Tieren
- Bildungsprojekte in Grundschulen
- Sensibilisierungskampagnen, die sowohl die Beziehung zwischen Mensch und Tier als auch einen verantwortungsvollen Umgang mit Haustieren fördern
- Lobbyarbeit auf nationaler und internationaler Ebene, die auf eine Gesetzgebung zum Schutz von Haustieren drängt
- Schaffung von Arbeitsplätzen in und um Cernavoda
Das 7 Hektar umfassende Klinikgelände, etwas außerhalb von Cernavoda, ist von Weinbergen und Grün umgeben. Die Klinik ist in einem weiten Umkreis die einzige veterinärmedizinische Einrichtung und bietet sowohl Streunern als auch sonstigen Tieren medizinische Versorgung an. Hier finden sich Eselgehege, Pferdeställe, großzügig bemessene Ausläufe für Hunde und Katzengehege. In einem Auslauf sind nicht mehr als 3 bis 6 Tiere untergebracht. Es wird darauf geachtet, daß sämtlichen Tieren Rückzugsmöglichkeiten in einen geschützten Innenbereich mit eigenen Schlafplätzen zur Verfügung stehen. Die Gehege für die Katzen sind auf der anderen Gebäudeseite und haben einen direkten Zugang zum Haus. Alle Anlagen sind winterfest und haben beheizbare Innenbereiche.
Ein Team von insgesamt 50 Mitarbeitern kümmert sich vor Ort um die Patienten und Bewohner. Es handelt sich hierbei um Tierärzte, Tierpfleger, Tierarzthelferinnen und viele ungelernte Arbeitskräfte aus den umliegenden Dörfern, die hier Arbeit gefunden haben, und deren Aufgabe darin besteht, die Tiere zu füttern und die Anlagen sauber zu halten. Die Tierklinik selbst umfasst über 800 m² auf ebener Fläche und wurde nach modernsten Gesichtspunkten erbaut. Sie verfügt über mehrere Operations- und Behandlungsräume und separate Räume für infektiöse Tiere sowie Räume für die Erstaufnahme.
Alle gefundenen oder in die Klinik gebrachten Tiere werden vor ihrer stationären Unterbringung untersucht, auf ansteckende Krankheiten getestet und erhalten eine medizinische Erstversorgung. Sämtliche Hunde und Katzen werden kastriert, um der starken Vermehrung der Tiere und der teilweise darin begründeten Ablehnung in der Bevölkerung entgegenzuwirken. Sehr viele Tiere werden ins Ausland vermittelt. Alle zur Ausreise freigegebenen Tiere sind gesund, verfügen über einen Pass sowie einen medizinischen Bericht. Weiterhin sind sie geimpft und kastriert. Meist bestehen vor der Vermittlung Kontakte zu den zukünftigen Tierhaltern. Sie erhalten einen schriftlichen Bericht mit den wesentlichen Daten sowie auch einen kurzen Film, in dem Wesen und Eigenheiten des neuen tierischen Mitbewohners dokumentiert sind.
Bisheriger Stand und Ausblick
Derzeit sind in der Tierklinik von Cernavoda etwa 450 Tiere untergebracht, darunter neben den zahlreichen Hunden und Katzen auch etliche alte Esel und Pferde, die von den ehemaligen Besitzern meist aus Altersgründen abgeschoben wurden. Vor der aktuellen Coronakrise und der damit verbundenen Einschränkungen beim Grenzverkehr konnten zuletzt pro Monat etwa 25 Tiere ins Ausland vermittelt werden; die meisten davon nach Deutschland, Österreich, Schweden und in die Schweiz. Das erklärte Ziel ist in dieser Klinik jährlich mindestens 2000 Kastrationen durchzuführen und damit wesentlich zur Reduktion der Hunde- und Katzenpopulation beizutragen.
Im Jahr 2019 konnten so 649 Hunde und 731 Katzen durch das dortige medizinische Team kastriert und – falls notwendig – medizinisch versorgt werden. Je nach Auffindesituation bzw. Zustand der Tiere wurden diese entweder wieder zu ihren Besitzern zurückgebracht, kontrolliert freigelassen – was neben der Einrichtung von Futterplätzen auch ein regelmäßiges Monitoring umfaßt – oder zur Vermittlung vorbereitet. Über letztgenanntem Weg konnten 222 Hunde und 68 Katzen eine neue Heimat finden.
Die Musella-Stiftung ist davon überzeugt, dass es sich lohnt, die Klinik in Cernavoda weiterhin zu unterstützen, um das Tierleid in dieser Region zumindest stellenweise zu lindern, die Überpopulationen in humaner Weise zu reduzieren und so zu einem besseren Mensch-Tier-Verhältnis beizutragen.